Die Google I/O 2013 hat nach 3 Tagen Keynotes und Workshops ihr Ende gefunden – Zeit ein Résumé zu ziehen.
Die Veranstaltung war wie immer am 15. Mai 2013 um 9 Uhr Ortszeit im Moscone Center in San Francisco mit einer großen Keynote gestartet, die deutlich die Themen der diesjährigen Entwicklerkonferenz vorgab. Darin ist eines deutlich geworden: Android, Chrome und Google+ spielen eine wichtige Rolle bei Google, auch wenn man dieses mal auf neue Nexus-Hardware und sogar eine neue Androidversion im Rahmen der Konferenz verzichten musste. Auch Google Glass mit dem beeindruckenden Fallschirmstunt letztes Jahr spielte keine große Rolle, eine entsprechende Session gab es trotzdem.
Google Play
Bereits vor der IO war der überarbeitete Play Store erschienen, doch zum letzten Feinschliff hat man erst quasi beim Start geschafft. Dieser ist nun stärker personalisiert und voll mit Vorschlägen für Käufe von Apps, Musik, Filmen und sonstigen Entertainment, wobei zumindest bei mir der vorgegebene Fokus anscheinend hin zu den grundsätzlich kostenpflichtigen eBooks, Filmen und Musik und weg von Apps geht. Die größte Änderung an Googles Play Diensten gibt es jedoch mit Google Play Music All Access, denn hinter diesem klobigen Namen steckt ein Streamingdienst á la Spotify mit um die 20 Millionen Titeln. Das ganze ist wie eigentlich immer erst einmal nur in den USA verfügbar und kostet 9,99$ im Monat. Zum Glück bekommt man auch als Nicht-Abonennt in den Genuss der überarbeiteten Musik-App. Neben dem allgemeinen Auffrischen der Optik der Google Play Dienste hat Play Books endlich auch eine Import-Funktion für PDFs und eBooks im epub-Format.
Game Center & Synchronisation von Daten
Mit dem Game Center greift Google Apples iOS Game Center an, denn Googles Lösung ist nicht nur für Android sondern auch für das Web und iOS gedacht. Dabei wird die neu eingeführte Synchronisation von App-Daten zwischen den einzelnen Geräten ausgenutzt und so Spielstände und Erfolge unkompliziert auf alle Geräte übertragen. Ebenfalls können Mehrspielerfunktionen und Ingame-Chats so leicht implementiert werden, auch wenn eine Demo auf der Keynote ordentlich in die Hose ging und daraufhin ohne ein Wort zu verlieren übergangen wurde. Einige Spiele wie das aktuell günstig zu habende World of Goo haben diese neue Schnittstelle bereits eingebaut und werden dafür entsprechend im Play Store mit Verweis auf die Spielefunktionalität hervorgehoben.
Google+
Googles Social Network hat mittlerweile einiges an Fahrt aufgenommen, denn bei fast all den neuen Diensten und Funktionen kommt man fast gar nicht darum herum nicht die Kontakte in den eigenen Kreisen zu benutzen. Kein Wunder also, dass man hier auch wieder einmal ganze 43 größere Neuerungen hatte. Das fängt mit einem neuen Design im Browser an und geht zu technischen Neuerungen und Änderungen über. Im Browser wird nämlich jetzt standardmäßig mehrspaltig angezeigt, das kann man jedoch unter dem Mehr-Dropdownmenü mit den verschiedenen Kreisen zum Glück auch wieder ändern. Ebenfalls neu sind automatisch erzeugte optimierte Fotos, die per intelligenter Filter alles aus den Bildern herausholen sollen. Dabei bleiben natürlich eure Originalfotos unangetastet und lassen sich einfach wiederherstellen.
Hangouts
Mit Hangouts hat Google endlich die verschiedenen Plattformen zum Chatten zusammengeführt. Bereits Monate im Vorfeld war die Chatanwendung geleakt worden, damals noch unter dem Namen Babel. Technisch ist die App auf dem Smartphone ganz solide, doch mehr als Bilder teilen ist bislang nicht drin. Um WhatsApp vom Thron zu schubsen, fehlt also noch einiges. Darüber hinaus funktioniert der Chat nur über eine Emailadresse oder den Kreislingen. Für Fans von externen Clients bei Google Talk, welches von Hangouts ersetzt wird, wird es überdies hart, denn Google setzt nun nicht mehr auf das offene Chatprotokoll XMPP.
Chrome & Chromebooks
Der Chromechef Sundar Pichai hat ja vor kurzem die Nachfolge von Android-Gründer Andy Rubin übernommen und leitet jetzt beide Systeme. Entsprechend wurde natürlich auch Chrome als das Tor direkt zu Google (jeder Seitenaufruf über die URL-Leiste ist ja potentiell ein Suchaufruf bei Google) nicht als kleiner Nebenschauspiele sondern eine ebenso wichtige Rolle wie Android gezeigt. Dessen Performance wurde wieder einmal ordentlich gesteigert und viele neue HTML-Funktionen wurden eingebaut. Bei den Chromebooks hat man dem Topmodell, dem Chromebook Pixel ein Update verpasst und bei der Gelegenheit jedem Anwesenden ein Gerät überlassen. Darüber hinaus hat man wie zu erwarten war Benachrichtigungsfunktionen, Push-Benachrichtigungen und Google Now auch auf dem Desktop eingebaut. Mit dem neuen VP9-Codec und WebP möchte man gerne den Datenverbrauch von Medien halbieren.
Google Maps
Ein wenig von der Zukunft von Google Maps hat man ja bereits in der iOS-App gesehen, die man als Antwort auf Apple Maps gebastelt hat. So sind alle bisherigen Seitenleisten mit ihren Bedienelementen Vergangenheit und das Erlebnis nur auf das nötige reduziert. Dabei sind alle Bedienelemente nur noch als Overlay der nun bildschirmfüllenden Karte zu betrachten. Das aufgeräumtere Design arbeitet verstärkt Kontextabhängig und zeigt auch beispielsweise Restaurants direkt an der Stelle auf der Karte an und nicht wie bisher als Pin. Der neue Kartendienst startet voraussichtlich Anfang Juli, dann mit entsprechenden Apps und 3D ohne extra Plugins im Browser.
Android
Schon lange wird über die nächste Android-Version diskutiert und mit allen möglichen Thesen herum geworfen. Fakt ist wohl, dass es sich beim nächsten Update wohl um Android 4.3 handeln wird und Google wie schon bei 4.2 wieder den Codenamen Jellybean benutzen wird. Das ganze wurde sogar indirekt kurzzeitig vor der Keynote bestätigt, doch mittlerweile ist der Hinweis auf der Android-Entwicklerseite wieder verschwunden. Ebenfalls musste man wie schon oben angedeutet auf neue Hardware verzichten, nicht einmal eine überarbeitete Version vom Nexus 4 wurde vorgeschlagen. Die einzige Hardware (neben dem Chrombook Pixel) war ein Samsung Galaxy S4 Google Edition, welches von Google direkt mit reinem Android versorgt wird und nicht auf die langen Update-Zyklen von Samsung angewiesen ist – quasi ein als Nexus umgebrandetes Smartphone, bei dem jedoch die ganzen Software-Features des normalen S4 fehlen. HTC hat leider einem HTC One mit Stock-Android eine Absage erteilt, genügend Abnehmer gäbe es bestimmt.
Angeblich ist jedoch ein Verkaufsstart für ein weißes Nexus 4 mit LTE und größeren Speicher sowie dann doch Android 4.3 für den 10. Juni geplant. Während der Session zur Grafikleistung unter Android machten sich die beiden Entwickler auch ein wenig lustig über ein “mögliches Update falls es denn erscheinen sollte”. Hierbei wird mit Android 4.3 die Renderingleistung von Apps, die die Standardoberfläche nutzen, durch intelligentes Anordnen der verschiedenen Elemente deutlich optimiert. Darüber hinaus gibt es mit der neuen IDE Android Studio und einigen anderen Entwicklerwerkzeugen viele Möglichkeiten das Entwicklerleben zu verbessern und zu vereinfachen.
Fazit
Wie auch Andreas Proschofsky vom WebStandard.at in seiner Zusammenfassung über die IO geschrieben hat, kann man deutlich ein Abfallen von Android und einem vermehrten Hinwenden zu den ganzen Googlediensten sehen, ähnlich wie es die ganzen Hersteller schon seit längerem praktizieren. Dass man hier keine neue Androidversion und Geräte angekündigt hat, ist zwar schade, doch hat es eines bewirkt: der Fokus der Entwickler (und der vielen anderen Interessierten) hat sich darin verlagert, auf die bereits so schon häufig genutzten Google-Services einzubinden, die nun weitestgehend vom Hauptsystem entkoppelt sind und von Google bequem per Play Store aktualisiert werden – völlig unabhängig von den sonst eher langsamen Herstellern und Mobilfunkanbietern. Damit geht man aktiv gegen die Defragmentierung vor – zumindest was die Google Dienste angeht an, denn das grundsätzliche Problem mit aktuell gerade mal 2,3% Nutzern der noch neusten Version 4.2 Jellybean (vermutlich primär Nexus-Geräte) hat nach wie vor eine große Bedeutung.
Beeindruckend war auch der die Keynote abschließende Auftritt von CEO Larry Page, der seit einigen Jahren an einer Erkrankung seiner Stimmbänder leidet und dennoch mit zwar geschwächter Stimme eine Rede von rund 15 Minuten sowie eine ganze Stunde Fragen des Publikums beantwortete, auch wenn manche Aussagen und Zukunftsillusionen teils fast schon bizarr wirken. Sehr lesenswert ist hierzu auch die Utopie der Google Insel, die Wired-Autor Mat Honan spinnt.